Ich werde oft gefragt, was wirklich wichtig ist für die Etablierung eines erfolgreichen Newsrooms. Weit verbreitete Experten-Meinung dazu: ein zentrales Contentmanagement, die richtige Contentstrategie, klug beschriebene Rollen, kanalübergreifende Planung, Storytelling-Expertise, eine einheitliche technische Basis. Meine Einschätzung: alles richtig! Aber der entscheidende Faktor fehlt.

Von: Volker Matthies

Folgende Geschichte: Als der Dänische Rundfunk 2007 seinen Newsroom gestartet hat, saßen sich zum ersten Mal die Planer und die CvD der unterschiedlichen TV-News-Formate gegenüber. Das Management war mächtig stolz auf den Newsroom, nur: Die Menschen fingen nicht automatisch an, zusammenzuarbeiten und den erhofften Mehrwert entstehen zu lassen, weswegen der Newsroom konzipiert wurde. Was war passiert? Das Management hatte in alles Mögliche investiert, nur nicht in die Menschen.

Auf dieses Phänomen bin ich während meiner mehr als 40 Newsroom-Analysen weltweit immer wieder gestoßen: Die Deskanordnung ist durchdacht, das Rollen- und AKV-Prinzip ist beschrieben, die Kanalstrategie steht, die technischen Grundlagen sind gelegt. Es ist allerdings eine Illusion zu glauben, dass im Newsroom die Social-Media-Redakteurin mit einem Themen-Planer automatisch eine fruchtvolle Liaison eingeht. Oder ein CvD nur darauf gewartet hat, die Erkenntnisse der Datenanalystin zu berücksichtigen.

Silo-Haltung killt den Newsroom-Spirit

Viele Medienschaffende und Mitarbeitende der Unternehmenskommunikation leben nach wie vor gedanklich ein Silo-Dasein, das von ihren Vorgesetzten genährt wird. Werden sie nun in einen Newsroom gesetzt, kann sogar Folgendes passieren: Bislang konnten sich diese Kolleginnen und Kollegen gepflegt aus dem Weg gehen. Das funktioniert im Newsroom nicht mehr – und das führt dann richtig zu Spannungen. Inge Vrancken, langjährige Chefredakteurin von VRT-News, drückte es während eines meiner Besuche in Brüssel so aus: “We put down the walls between radio, tv and online. But there is always the danger of building up new walls.“

In die Menschen investieren

Und deswegen ist der Erfolgsfaktor Nummer 1 für den Aufbau eines Newsrooms und dessen Produktivität: die Menschen berücksichtigen, in die Menschen investieren. Sie befähigen, sich auf den Anderen einzulassen. Was auch bedingt, eigene Überzeugungen ein Stück zurückzunehmen und zu akzeptieren, dass der Andere Teil der Lösung sein kann. Das ist kein Hexenwerk. Das ist Handwerk. Es muss einfach nur angewendet werden.